CAMPUS, ULM

HISTORISCHER FUND SPRENGT PLANUNGEN

Visualisierungen ©Nething Generalplaner GmbH

Freigelegter Stollen stoppt die Bauarbeiten


Während archäologische Ausgrabungen die Herzen aller Geschichtsfreunde höherschlagen lassen, stellt ein kürzlicher Fund das MasterPlan-Team vor große Herausforderungen: Bei Baugrubenarbeiten für ein Projekt in Ulm wurde der Eingang zu einem unterirdischen Gegenminenstollens aus dem Jahr 1678 entdeckt, Stein für Stein freigelegt und zwangsweise in den Mittelpunkt erforderlicher Umplanungen von dem eigentlichen Bauvorhaben gestellt.

Die ursprüngliche Planung sah die Umnutzung und Teilsanierung eines Bestandsgebäudes (ehemaliger Standort der Privaten Hochschule für Kommunikation und Gestaltung) sowie die Realisierung einer Neubebauung vor. Im sogenannten Gleisdreieck – begrenzt durch den Fuß- und Radweg an der Donau und zwei hier aufeinandertreffende Bahnstrecken – sollte durch das Zusammenspiel von Bestands- und Neugebäude ein Campus mit Platz für ca. 200 Arbeitsplätze entstehen. Geplant waren darüber hinaus eine Espressobar sowie ein Mitarbeiterrestaurant, das an Abenden und am Wochenende als öffentliches Restaurant genutzt werden sollte.

Das Bestandsgebäude weist eine Brutto-Grundfläche von ca. 3.300 m² auf. Es gliedert sich in drei Ebenen, besteht aus flexibel und offen gestalteten Innenräumen und große Teile des Baus sind in Sichtbeton realisiert. Eine großzügige Außentreppe führt direkt vom Donau-Uferweg zum jetzigen Eingangsbereich.

Das neu zu errichtende Gebäude sollte mit einer Brutto-Grundfläche von ca. 7.900 m² als baulicher Hochpunkt ausgebildet werden. Die Planung sah ein Untergeschoss, ein Technik-, ein Erd- sowie fünf Obergeschosse vor. Die Fassade war als vorgehängte Fassade aus Faserbeton mit bodentiefen Fenstern geplant und sollte zukünftig das Ulmer Stadtbild prägen.

Ein besonderes Augenmerk legte der Bauherr mit MasterPlan bei den Planungen darauf, mit dem Einsatz von beispielsweise Photovoltaik und Geothermie (im April dieses Jahres wurde hierfür bis zu einer Tiefe von 195 Metern eine Pilotsondenbohrung durchgeführt) ein hohes Maß an Nachhaltigkeit für Bau, Betrieb und Unterhalt zu erreichen.

Trotz der erforderlichen Berücksichtigung von Immissionen / Emissionen durch die Bahnlinien, dem inhomogenen Baugrund im Gleisdreieck und dem Umstand, dass eine einzige existierende Zufahrt zu dem Gelände ein Nadelöhr darstellte, liefen die ersten Monate der Bauausführung planmäßig ab.

Die Ausgrabung des Zugangs zu dem circa 35 Meter langen Gegenminenstollen sprengte jetzt allerdings alle ausgearbeiteten Planungen: Die Bauarbeiten können nicht weitergeführt werden, Möglichkeiten zur Integration des historischen Bauwerks müssen erarbeitet und Fragen zur Statik und Standfestigkeit des Gebäudes neu beantwortet werden.

So erfreulich also einerseits der Fund dieses unbeschädigten Gegenminenstollens ist, der in seiner ursprünglichen Funktion dazu diente, gegnerische Soldaten durch eine unterirdische Detonation und die daraus entstehende Explosion an der Erdoberfläche aufzuhalten, so herausfordernd ist er auch. Aber wie bereits Arthur Schopenhauer zu sagen pflegte: „Hindernisse überwinden ist der Vollgenuss des Daseins.